Dienstag, 15. April 2014

Rezension „Was mir am Herzen lag“ von Karl-Heinrich Waggerl

„Was mir am Herzen lag“ von Karl-Heinrich Waggerl

Dieses Buch ist das mit Abstand schönste Buch gewesen, was ich in den letzten Jahren gelesen habe.

In diesem Buch sind die beliebtesten Geschichten Karl-Heinrich Waggerls zusammengefasst. Von spitzbübischen Erzählungen über seine Kindheit bis hin zu fast philosophischen Erzählungen und Kurzgeschichten. Es sind Geschichten, die das Herz erwärmen und einem genauso vor Lachen die Tränen in die Augen treiben.

Waggerl ist bis heute einer der beliebtesten Schriftsteller Österreichs. Einige vergleichen ihn mit Wilhelm Busch, Hermann Hesse oder Erich Kästner, Kurt Tucholsky verspottete ihn als zweiten Hamsun. Waggerl wurde als armer Zimmermannssohn im österreichischen Badgastein geboren. In vielen seiner Bücher beschreibt er seine Kindheit. Er beschreibt sie zwar immer als ärmlich und entbehrungsreich, aber nie als traurig. Er gewinnt allen Dingen im Leben etwas fröhliches ab und zieht am Ende das Fazit, dass es die kleinen Dinge im Leben sind, die einen glücklich machen. Viele dieser Kindheitsgeschichten sind auch in „Was mir am Herzen lag“ abgedruckt. Sie zeigen, wie er mit den Augen eines Kindes seine Welt in einem kleinen österreichischen Kurort wahrgenommen hat, einem Ort, in dem arm und reich wie fast nirgendwo sonst in der österreichischen Provinz auf so engem Raum aufeinander prallten.

Der Weg bis ganz nach oben auf die Bestsellerlisten war ein beschwerlicher und entbehrungsreicher. Doch in den 50er Jahren schließlich hatte er es geschafft. Waggerl füllte nicht nur Vortragsräume, sonder später ganze Stadien, seine Bücher waren Bestseller, wenn er im Fernsehen zu sehen war, schaltete gefühlt ganz Österreich ein. Dennoch ist er immer am Boden geblieben. Er verwendet in seiner Jugend seinen Humor, um über seine Armut und Nöte hinwegzukommen und bringt später mit seinen Büchern die Leser zum Schmunzeln. Er öffnet mit seinen anrührenden Geschichten die Herzen der Leser, damit sie ihre Nöte vergessen oder, wie er, mit Hilfe des Humors ihre Ängste und Probleme überwinden. Das spürt man mit jeder Seite.

Obwohl ich über 20 Jahre hinweg etwa ein halbes Jahr in Badgastein verbracht habe, wurde ich dort nicht auf Waggerls Bücher aufmerksam, sondern bekam den „Geheimtipp“ über viele Umwege erst 2009 von einer flüchtigen Bekannten. Seitdem sehe ich das Örtchen Badgastein mit anderen Augen. An jeder Ecke scheint sich eine Figur aus Waggerls Geschichten zu verstecken. Seine Kurzgeschichten und Gedichte geben bekannten Orten ein völlig neues Gesicht. Jeder Satz von ihm klingt im Inneren nach und wird fühlbar.

So übergibt der 1973 gestorbene Waggerl mit seinen Büchern und Kurzgeschichten seinen Lesern eine Anschauung der Welt, die sich nicht festlegen lässt, weil das Wesen der Dinge zeitlos ist. Und man stellt fest, dass es nicht die Wahrheit ist, die man sucht, sondern die Liebe und Güte, die mehr wert ist, als alle Weisheit. So hat Waggerl auch sein Leben gelebt. Als begnadeter und gefeierter Dichter war er immer auf der Suche nach Menschen, denen er helfen konnte. Und wenn er nicht mit Tatkraft und seiner Hände Arbeit half, dann mit einem Vers oder einer rührenden, humorvollen Geschichte, die einem zum rechten Zeitpunkt das Lächeln ins Gesicht zurückbrachte. „Was mir am Herzen lag“ ist voll von solchen Geschichten. Ein absolut lesenswertes Buch von einem der wesentlichen deutschsprachigen Dichter dieses Jahrhunderts.


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