Mittwoch, 9. April 2014

Rezension "Die Abenteuer des Werner Holt" von Dieter Noll

"Die Abenteuer des Werner Holt" von Dieter Noll



Es gibt rote Literatur und es gibt Werner Holt. Obwohl dieses Buch im DDR-Literaturkanon für Schulen ganz vorne stand, ist es erstaunlich wenig sozialistisch eingefärbt. Gefeiert wurde der 1960 erschienene erste Roman „Roman einer Jugend“, weil er den Krieg kritisiert. Geschrieben wurde der zweite Teil „Roman einer Heimkehr“ 1963 weil der erste einen solchen Erfolg gehabt hatte.



Als anfangs noch kindhafte Jungen im Alter von etwa 16 Jahren, die das Abenteuer suchen, erleben Werner Holt und seine Klassenkameraden Gilbert Wolzow, Sepp Gomulka, Christian Vetter und Peter Wiese den Einzug als Flakhelfer zunächst mit Begeisterung. Bald lähmt der erniedrigende Drill die Enthusiasten. Später jagt ein Inferno das nächste und schon bevor die mittlerweile jungen Männer zu einem Arbeitsdienst in die Slowakei weitergeschickt werden, keimen in einigen eindeutige Zweifel an ihrem Tun. Holt wird von seinem Vater mit der Wahrheit konfrontiert und will zuerst nicht glauben, was er sagt. Erst beim Arbeitsdienst in der Slowakei sieht er mit eigenen Augen wem er dient. In Gesprächen, inneren Monologen, geschriebenen Gedanken oder einfach nur unterschwellig in ihrem Tun und Handeln klingen diese Zweifel und auch Kritik an, die schließlich in totaler Kriegsernüchterung münden. Drastisch genau sind die Kriegsverbrechen, Hinrichtungen und Schlachten an der Front beschrieben, die schließlich und endlich zum körperlichen und auch moralischen Zusammenbruch der Überlebenden führen. Erst auf den letzten Seiten beschließt Holt sein Leben in die eigene Hand zu nehmen und begreift das große Ganze, er flieht und gerät schließlich in Kriegsgefangenschaft. Nach langer Zeit wird er entlassen und macht sich auf die Suche nach seinem früheren Leben.



Hier knüpft der zweite Band an. Noll kritisiert nur hier und da den Westen, aber er lobt den Osten ebenso wenig. Wie zu erwarten war, wurde der zweite Teil von der DDR-Obrigkeit und auch in den Schulen nahezu ignoriert.



Holt kehrt nach Hause zurück, Krieg, Kriegsgefangenenlager, Flucht und der Heimweg haben ihn geschwächt. Er kehrt zu seinem Vater und seiner Freundin zurück und lebt in der russischen Besatzungszone. In inneren Monologen und im Gespräch mit Freunden versucht er das Erlebte aufzuarbeiten. Er trifft alte Bekannte und lernt durch sie neue Leute kennen und mit ihnen auch ihre Ansichten. Aber er findet sich in der Gesellschaft nicht wieder, auch seine Freundin Gundel, eine begeisterte Kommunistin, ist ihm fremd geworden. Er sieht die Schuldigen in der Elterngeneration, vor allem aber in seinem Vater, und beschließt deshalb zu seiner Mutter nach Hamburg zu ziehen. Sie ist Angehörige der besseren Gesellschaft und führt ihren Sohn in diese ein. Und wieder lockt das Weib. Holt lässt sich mitreißen von dieser neuen Welt. Doch nach und nach dringt er unter die behütete Oberfläche dieser neureichen Welt und wieder lässt er alles hinter sich zurück und verlässt auch seine Mutter. Er trifft auf der Reise in den Bergen eine alte Freundin, die zur Einsiedlerin geworden ist. Ohne wirklich seinen Platz im Leben gefunden zu haben, kehrt er schließlich zum Vater zurück.

Doch auch hier ist weder eine eindeutige Kritik des Kapitalismus noch eine eindeutige Befürwortung des Sozialismus zu finden. Nur ein Junge, der seinen Weg sucht und nicht findet. Der Roman endet offen, als ob er auf eine weitere Fortsetzung wartet.

Bildnachweis: http://www.amazon.de/DIETER-NOLL-Zwei-B%C3%A4nde-Abenteuer/dp/B007W8PU12  

Folge mir auf Facebook und Twitter, um immer über neueste Blogartikel informiert zu werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen